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Friedhöfe als Lebensraum: Wo Erinnerung auf Naturschutz trifft

In der Politik wird hinterfragt, widersprochen und Kritik geäußert. Der Austausch unterschiedlicher Meinungen und der sachliche Diskurs sind wesentliche Bestandteile des demokratischen Lebens. Umso wichtiger, dass auch aufrichtige Anerkennung geäußert wird, wenn man auf vorbildliche Umstände trifft.

Bei der Frage, wie und wo Biodervisität gefördert werden kann, haben wir den „Lebendigen Friedhof“ als Leitidee in den Blick genommen.

Friedhöfe sind mehr als Orte der Trauer und des Gedenkens. Sie bergen ökologisches Potenzial durch Grünflächen, alte Baumbestände und nützlingsfreundliche Bepflanzungen. In dicht besiedelten urbanen Umgebungen sind Friedhöfe eine grüne Oase. Sie können Lebensräume für Vögel, Insekten, Kleinsäuger und andere Wildtiere schaffen. Das muss weder kompliziert noch teuer sein. Das Gegenteil ist oft der Fall. Häufig vereinfachen Maßnahmen zur Artenvielfalt die Friedhofspflege sogar und sparen Geld.

Unter diesen Gesichtspunkten haben wir uns auf den Weg gemacht und uns die Wetteraner Friedhöfe einmal genauer angeschaut. Den „Park der Ruhe“ in Alt-Wetter möchten wir als Highlight besonders hervorheben. Es war eine große Freude hier mehr zu finden, als wir eigentlich gesucht haben. Unser Dank und unsere Anerkennung gelten dem Stadtbetrieb Wetter, der diesen Friedhof vorbildlich pflegt.

Eine von mehreren Wildbienenstationen: hier bereits akquiriert durch eine Mauerbiene (Insekt des Jahres 2019) und eine Gemeine Wespe (erkennbar an der balkenförmigen Zeichnung auf ihrer Stirnplatte). 

Löwenzahn (oft als Unkraut verschrien), der stehen bleiben darf. Solange die vielseitige Wildpflanze gelb blüht, ist sie aufgrund ihrer Pollen und ihres Nektars eine gute Nahrungsquelle für Bienen und Insekten. Auch Reste des Vorjahreslaubes sind noch zu sehen. Laub ist ein natürlicher Winterschutz für Flora und Fauna. Kleine Säugetiere, wie Igel, können sich in Laubhaufen verstecken. Außerdem rettet der Verzicht auf Laubbläser vielen Kleinstlebenwesen das Leben.

Einheimische Pflanzenvielfalt an der Gedenkstätte der Opfer des Widerstandes gegen den Kapp-Putsch: Schmalblättrige Hainimse, Kriechender Günsel, Geflecktes Lungenkraut, Waldmeister, Roter Fingerhut. Einheimische Insekten sind, per Schlüssel-Schloss-Prinzip, auf einheimische Pflanzenarten angewiesen. Einige Spezialisten ernähren sich nur innerhalb eines sehr schmalen Spektrums. Mit sogenanten Neophyten (also Pflanzen, die es ohne die Einbringung des Menschen bei uns nicht geben würde) können diese Tiere nichts anfangen und finden in ihnen keine Nahrung. Dies ist auch eine Anregung für die Bepflanzungsplanung im heimischen Garten oder auf dem Balkon.

Bei einem Verzicht auf Dünger und Nachsaat finden Wildbienen in offenen Bodenstellen Möglichkeiten zum Nisten. 

  

Nisthilfe und dicht gewachsene Büsche: Wildvögel und Bodenbrüter haben hier Raum für ihr Gelege. Durch die Ruhe gibt es relativ wenig Störfaktoren während der Brutzeit.

Weitläufige Rasenareale bieten viel Sickerfläche, um nachhaltig Wasser zu speichern.

In dieser Konstruktion können sich kleinere Säuger eine Höhle suchen. Unter der Rinde finden Käfer und andere Insekten einen Schutz- und Lebensraum.

Sogar eine Vogeltränke haben wir gefunden.

Einzig bei den Wasserstellen hatten wir eine Anregung: Vögel werden im Sommer hier sicher versuchen zu trinken und sich abzukühlen. Ohne Ausstiegshilfe können die Tiere sich nicht alleine befreien und ertrinken. Dieser Hinweis wurde durch den Stadtbetrieb sehr freundlich aufgenommen.