Landtagswahlen Sachsen & Thüringen 2024
Nunmehr ist etwas mehr als eine Woche ins Land gezogen, doch die Aktualität und politische Bedeutung der Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen haben keineswegs an Brisanz verloren. Wir haben uns mit unserem Statement etwas Zeit gelassen, um die weiteren Entwicklungen zu verfolgen und über oberflächliche Glückwünsche hinaus, eine etwas fundiertere Einordnung vorzunehmen.
Die endgültigen Auszählungen zeigen ein vielschichtiges und zerrissenes parteipolitisches Spektrum, in dem etablierte demokratische Parteien den Parlamenten teilweise nun gar nicht mehr angehören. Die FDP verpasst den Einzug in beide Landtage gänzlich. Die Grünen erreichen in Sachsen die 5 % Hürde knapp, in Thüringen werden auch sie in den nächsten 5 Jahren fehlen. Die Entwicklung an den politischen Rändern und die starken Ergebnisse speziell von Rechtsaußen, lassen uns den knappen Wahlsieg in Sachsen und das stabile Ergebnis in Thüringen nicht feiern, sondern mit Demut annehmen. Dennoch gratulieren wir Michael Kretschmer und Mario Voigt selbstverständlich von Herzen zu ihren Wahlergebnissen für die CDU. Es war ein engagierter und turbulenter Wahlkampf, der sie einmal zur Spitzenkraft und einmal zur Zweitplatzierten machte.
Regierungsauftrag und Koalitionssondierungen
Ist daraus ein Regierungsauftrag für die CDU erkennbar? In Sachsen, als stärkste Kraft, ohne jeden Zweifel. In Thüringen hat zwar Rechtsaußen die Mehrheit errungen, jedoch haben alle anderen Parteien eine Zusammenarbeit ausgeschlossen, sodass hier auch der CDU eine Ankerposition zuzumessen ist. Das gibt uns Hoffnung, auch wenn in Anbetracht der Koalitionsmöglichkeiten wahrscheinlich abenteuerliche Bündnisse zustandekommen werden. „Besondere Umstände erfordern besondere Maßnahmen“, muss man hier wohl sagen. Die Menschen in Sachsen und Thüringen verdienen stabile und geordnete Verhältnisse unter Bewahrung der freiheitlich demokratischen Grundordnung. Die Koalitionsverhandlungen werden, das ist uns bewusst, sicherlich nicht einfach werden. Es scheint keine Koalitionsbildung ohne das BSW oder die Linkspartei möglich, wobei hier auch noch nicht klar erkennbar ist, wofür das BSW auf Landesebene eigentlich steht und eintreten möchte. Ihre bundespolitischen Ambitionen, etwa hinsichtlich des Ukraine-Konflikts, sind jedenfalls auf landespolitischer Ebene nicht realisierbar.
Es bleibt abzuwarten, welche maßgeblichen Forderungen das BSW in etwaige Koalitionsgespräche einbringt. Es sollte klar sein, dass gerade Dreierbündnisse von Kompromissen, gegenseitigem Respekt und Vertrauen geprägt sein müssen. Wir sind sehr gespannt, mit wem die Landesverbände schließlich Koalitionsgespräche aufnehmen werden und wünschen ihnen, dass sie eine auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung stehende Koalition zustandebringen. Hier möchten wir jedoch ausdrücklich keine Koalitionsempfehlung aussprechen. Das ist allein Angelegenheit der Landesverbände.
Das Problem mit der Sperrminorität
In unserer parlamentarischen Demokratie ist bei besonders wichtigen Entscheidungen die Zustimmung einer Zweidrittelmehrheit aller Stimmberechtigten notwendig. Diese wichtigen Entscheidungen können auf Landesebene etwa Landesverfassungsänderungen, Misstrauensvoten oder auch die Wahl der Verfassungsrichter sein. Die Sperrminorität ist eine Minderheit, die in der Lage ist einen Beschluss zu verhindern. Dies gelingt, wenn diese Minderheit mindestens einen Sitz mehr als das Drittel des Parlaments hat. Diese Sperrminorität kann sich aus unterschiedlichen Fraktionen zusammensetzen oder gar einer einzelnen zukommen, wenn diese die erforderlichen Sitze innehat. In Thüringen haben wir den Fall, dass diese Sperrminorität einzig durch Rechtsaußen erlangt ist. Mit gerade einmal zwei Sitzen, überschreitet die Fraktion das Drittel des Parlaments. Diese Knappheit verdeutlicht eindringlich, dass jede Stimmabgabe bei Wahlen zählt und den Ausschlag geben kann.
Rekordwahlbeteiligung
Positiv hervorzuheben sind die sehr hohen Wahlbeteiligungen von jeweils fast 75%. Dies zeigt, dass die Menschen immer noch von unserer Demokratie und unserem pluralistischen Parteiensystem überzeugt sind. Es ist sehr erfreulich, dass fast Dreiviertel der wahlberechtigten Menschen von ihren grundgesetzlich verbrieften Rechten Gebrauch gemacht haben und immer noch 70% der Menschen Rechtsaußen NICHT unterstützen. Dies gibt Hoffnung und Zuversicht für die kommenden Jahre und nicht zuletzt für unsere parlamentarische Demokratie.
Blick auf Bundesebene
Doch was haben die Wahlen im Osten auch gezeigt? Die Menschen scheinen unzufrieden mit der Regierung in Berlin. Alle Koalitionspartner aus den Ampelparteien haben deutliche bis maximale Verluste erlitten. Die Schwerpunktsetzung und Kommunikationskultur der politisch Verantwortlichen sollte überdacht werden. Es hat sich herauskristallisiert, dass die Themen, die die Menschen aktuell bewegen, vor allem Sicherheit mit Kriminalitätsbekämpfung, die Flüchtlingspolitik, sowie die soziale Sicherheit sind.