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Haushaltsrede des Fraktionsvorsitzenden vom 12.12.2024

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
Kolleginnen und Kollegen aus Rat und Verwaltung, 
liebe Einwohnerinnen und Einwohner,
mein Gruß gilt ebenfalls dem Vertreter der lokalen Presse, Herrn Klaus Görzel, 
 
der Bund spart bei den Ländern, die Länder kürzen die Zuschüsse an die Kommunen, und vor Ort bezahlen wir eine ständig steigende Kreisumlage. Am Ende dieser Nahrungskette kämpfen wir um das finanzielle Überleben. Insoweit gibt es seit der Verabschiedung des letzten Haushaltes am 28. Mai 2024 keine neuen Erkenntnisse. Alles läuft wie gehabt. Zwar bergab, aber es läuft. Wir stehen in unserer Stadt vor folgender Wahl: Entweder wir schließen Begegnungsstätten aller Art und stellen unsere Investitionen grundsätzlich ein, da Abschreibungen, Zinsen, Personal- und Energiekosten den Gebührenhaushalt belasten. Danach haben wir zwar eine völlig marode Infrastruktur sind aber irgendwann auch mal schuldenfrei. Oder wir investieren auf Kredit in die Zukunft und halten unsere Stadt noch so einigermaßen am Leben. Dies führt, trotz teilweiser und durchaus dankenswerter Bezuschussungen vom Bund und Land, regelmäßig zu neuen Schulden und zu steigenden Steuern zu Lasten unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger und unserer Unternehmerschaft. Beide Varianten sind keine wirklichen Alternativen, sondern verdeutlichen eher die sich anbahnenende Perspektivlosigkeit unserer sogenannten kommunalen Selbstverwaltung.
 
Wir sind zur Umsetzung des OGS gesetzlich verpflichtet. Wir benötigen KITAs und Schulen in einem vernünftigen baulichen Zustand. Die Renovierung des Gymnasiums kann nicht ohne weiteres geschoben werden und die Schließung des kürzlich erst wiedereröffneten Hallenbades ist aus unserer Sicht auch keine ernsthafte Option für die Haushaltssanierung. Straßenbau, Fahrradwege, Sportstätten, öffentliche Gebäude und die Feuerwehr müssen finanziell bedient werden. Dies kostet Geld. Bei Einzelmaßnahmen auch sehr viel Geld. Die Renovierung des Gymnasiums kostet 38 Millionen € + 6,5 Millionen € für die Anmietung von Schulcontainern, der OGS belastet uns mit etwa 6,5 Millionen abzüglich einer Million € bisher geflossener Zuschüsse. Das hätte durchaus etwas mehr Unterstützung gebraucht. Aber auch in Düsseldorf kann ja niemand wissen, dass allein die Renovierung einer einzigen Schule 4,5 Millionen € kostet. Für die Sporthalle Oberwengern sind nunmehr zu mindestens schon mal 500.000 € als Planungskosten eingeplant. Was man letztendlich in dieser Halle an Renovierungsmaßnahmen umsetzen kann bleibt abzuwarten. Ein Zeitfenster wann die Halle modernisiert wird, kann ich aktuell auch nicht benennen. Ich finde es gut, dass man sich an anderer Stelle Gedanken über eine Olympiade im Ruhrgebiet macht. NRW steht sportlich im internationale Blickpunkt. Aber sinnvoller wäre es doch wohl zunächst mal unsere maroden Schulen und Sportstätten zu renovieren, anstatt Leuchtturmprojekte zu verfolgen.
 
Meine Damen und Herren, (nicht nur) unsere Stadt benötigt eine vernünftige finanzielle Perspektive. Wir brauchen keine in Berlin beschlossenen Steuersenkungsprogramme zu Lasten der ohnehin schon gebeutelten kommunalen Kassen. Es ist doch absurd im Bund beschlossene Steuerentlastungen an der kommunalen Basis mit Steuererhöhungen entgegen treten zu müssen. Was wir dringend benötigen sind zusätzliche Sonderprogramme im investiven Bereich, um die lahmende Konjunktur von der Basis her anzuschieben. Das Lockern dieser sogenannten Schuldenbremse oder deren Modifizierung wäre ein gangbarer Weg. Ein leichter Hoffnungsschimmer glimmt in NRW. Die hier im Landeshaushalt zunächst angesetzten 250 Millionen zur Altschuldenablösung können nur ein Start in die richtige Richtung sein und müssten allerdings deutlich höher angesetzt werden. Zum Vergleich: die aktuelle Verschuldung unserer Kommunen in den Kernhaushalten in NRW betrug zum 31. Dezember 2023 49,3 Milliarden €, davon entfielen 20,3 Milliarden € auf die zu bereinigenden Liquiditätskredite (Quelle IT.NRW).
 
Wir brauchen dringend neue und natürlich auch bezahlbare Wohnungen in unserer Stadt. Das aktuelle Angebot auf dem freien Markt ist äußerst überschaubar. Wir müssen Anreize schaffen, dass junge Menschen und Familien im Stadtgebiet bleiben bzw. zu uns kommen. Es ist erforderlich, dass wir uns in diesem Bereich attraktiver aufstellen. Davon profitieren wir letztendlich als Stadtgesellschaft alle. Wir sollten bei allem Pro und Kontra in den geführten Diskussionen auch mal an diejenigen Mitmenschen unter uns denken, die aufgrund einer Änderungskündigung oder anderen privaten Gründen in unserem Ort auf Wohnungssuche sind. Diese mir bekannten Menschen suchen keine Einfamilienhäuser, sondern ein bezahlbares Dach über dem Kopf.
 
Verkehrspolitik
 
Schon einer meiner Vorgänger im Amt hatte sich in 2012 mit einem Verkehrskonzept für die Stadt Wetter (Ruhr) befasst. Wir haben uns diesbezüglich auch in dieser Ratsperiode bei unserer Verwaltung mehrfach eingebracht. Wir erwarten hier im Ergebnis als CDU-Fraktion auch kein Hexenwerk. Aber ein runder Tisch mit den handelnden Akteuren aus den Verkehrsbetrieben, der Kreispolizei, Verwaltung und unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern wäre doch mal ein Anfang. Eine aktualisierte Gesamtübersicht der uns bekannten Verkehrsströme, sowie sich daraus eventuell ergebende Möglichkeiten der Verkehrssteuerung und Verkehrskontrolle wären hilfreich. Unsere Mitmenschen vermissen Einkaufs- und Aufenthaltsqualität in bestimmten Straßen. Also reduziert man da wo es geht doch den Durchgangsverkehr in eben diesen Bereichen. Es gibt wohl kaum eine Straße zu der nicht schon mal eine Antrag gestellt worden ist. Verkehrsspiegel, Änderung rechts vor links, Einbahnstraßen Regelungen in echt oder unecht, Fahrbahnschwellen usw. Redebedarf gibt es genug. Wir könnten diesen runden Tisch verwaltungsseitig initiiert auch über den Arbeitskreis Mobilität planen und organisieren.
 
Brandschutzbedarfsplan und Feuerwehrgerätehäuser
 
Zum aktuell beschlossenen Brandschutzbedarfsplan finden wir in der Verwaltungsvorlage folgenden Hinweis: „Auch die Entscheidung, das Gerätehaus im Ortsteil Wengern neu zu bauen und somit das Fünf-Geräte-Häuser-Modell beizubehalten trug dazu bei das Schutzziel zu erreichen.“ Wir haben als CDU-Fraktion von Beginn an den Neubau im Ortskern von Wengern favorisiert und fühlen uns durch diese Aussage in unserer Haltung deutlich bestätigt. Bei dieser Gelegenheit bedanken wir uns bei Ralf Tonetti und seinem Team für die gelungene Umsetzung dieser doch sehr ambitionierten Planung für die nächsten fünf Jahre.
 
Grundsteuerreform
 
Aufgrund dieser Reform löst der aktuelle gemeinsam gültige Hebesatz von 755 Prozentpunkten eine Mindereinnahme von 1,6 Millionen € im städtischen Haushalt aus. Im Sinne der sogenannten Aufkommensneutralität und mit dem Ziel die im Haushalt 2025 vorgesehene Einnahme in Höhe von 7,8 Millionen € zu generieren gibt es zwei Möglichkeiten. Die eines weiterhin gemeinsamen Hebesatzes oder ein differenziertes Modell, welche in der Höhe der Hebesätze zwischen Wohneigentum und Gewerbe unterscheidet. Bei einem gemeinsamen Hebesatz findet eine deutliche Lastenverschiebung in Richtung des Wohnens statt. Bei einem differenzierten Hebesatz wird das Wohneigentum deutlich weniger zusätzlich belastet, dafür das Gewerbe nicht so stark entlastet wie angedacht. Bezüglich der Rechtssicherheit beider Modelle wurden uns als kommunalpolitische Entscheider dann auch noch zwei sich im Ergebnis widersprechende Gutachten eingereicht. Berufspolitisch Tätige und juristisch bewanderte Menschen legen uns dieses Ei ins Nest und die Ehrenamtlichen an der Basis ringen um den richtigen Weg. Meine Dankbarkeit hält sich in Grenzen. Angesichts steigender Aufwendungen im Bereich der Mietnebenkosten an anderer Stelle - Müllabfuhr, Abwasser und Energie – tragen wir die sich abzeichnende Mehrheit für eine Differenzierung der Hebesätze mit. Was bleibt, ist ein durchaus respektables Risiko für den städtischen Haushalt. Sollten die für das Gewerbe deutlich höheren Hebesätze im Nachhinein auf die Sätze des Wohneigentums abgestuft werden, müssten diese Einnahmeausfälle gegebenenfalls deutlich hoch sechsstellig pro Jahr durch zusätzliche Steuererhöhungen ausgeglichen werden. Und zwar zu Lasten unserer Grundsteuerzahler. Rücklagen zur Abfederung dieses Risikos gibt es nicht. Wir ziehen sozusagen einen Wechsel auf die Zukunft. Ob dieser platzt oder eingelöst wird, wissen wir als CDU-Fraktion hier und heute auch nicht.
 
Zum Städtischen Haushalt
 
Die Verschuldung steigt, die Hebesätze auch. Bei der Einbringung im September 2024 ergab sich für 2025 ein Defizit von ca. 11 Millionen € im städtischen Haushalt. Kostentreiber sind hier unter anderem die gestiegenen Personalkosten, erhöhte Sozialleisten (insbesondere im Bereich der Jugend- und Familienhilfe), höhere Baukosten und Zinsen für Kredite und die Kreisumlage. Im Grunde führen wir die Einnahmen aus der Gewerbesteuer 1:1 an den Kreis ab. Dass im Vorbericht unseres Haushaltsplanentwurfs vom Kämmerer erwähnte Eigenkapital in Höhe von 7,9 Millionen € im Jahr 2033 ist mittlerweile auf unter 2 Millionen gefallen. Das ist die berühmte Handbreit Wasser unter dem Kiel, wie in der Seefahrt gewünscht. Mehr aber auch nicht. Die nächste Untiefe ist in Sicht. Die Kosten für die Kreishausrenovierung und die neue Förderschule des Kreises sind noch nicht Bestandteil unserer Haushaltsplanung. Zur Verhinderung des Nothaushaltes werden bei der Darstellung eines ausgeglichenen Haushalts bis zum Jahr 2033 deutlich höhere Steuererhöhungen eingeplant. Gewerbesteueransätze von zukünftig bis zu 540 Prozentpunkten und Grundsteueransätze mit bis zu 1.400 Prozentpunkten sind für das Leben und Arbeiten in unserer Kommune allerdings eher kontraproduktiv. Trotzdem sollte man bei ungeplanten Einnahmen immer einen Blick auf das uns noch zur Verfügung stehende Eigenkapital werfen. Die schon ab 2026 und folgende Jahre massiv steigenden Planungsansätze bei der Grund- und Gewerbesteuer sind wahrlich kein Stairway to Heaven sondern eher ein Highway to Hell. Aber aus der Not heraus geboren. Es wird auch in NRW Kommunen geben die noch über eine robuste Haushaltslage verfügen. Im Ennepe-Ruhr-Kreis gibt es ja auch noch eine. Aber unsere Stadt geht derzeit am Stock und demnächst an Krücken.
 
Nach jetziger Sicht der Dinge werden wir dem Haushalt zustimmen. Unsere Begeisterung hält sich angesichts der vorliegenden Perspektiven allerdings in Grenzen.
 
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrter Herr Kämmerer und Team,
liebe Kolleginnen und Kollegen aus Rat und Verwaltung,
 
wie immer schlussendlich ein Dankeschön für die geleistete Arbeit und die gute Zusammenarbeit in 2024. Wir wünschen allen Anwesenden ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Übergang nach 2025.
 
Peter Pierskalla
Vorsitzender der CDU-Fraktion im Rat der Stadt Wetter (Ruhr)